SCHUTZAUFTRAG DER EINRICHTUNG
Auszug aus der Kindergartenordnung:
Kindertageseinrichtungen besitzen
nach §8 des Achten Sozialgesetzbuches einen besonderen Schutzauftrag bei
Anhaltspunkten für eine Kindeswohlgefährdung gegenüber den von ihnen betreuten
Kindern.
Dies betrifft insbesondere
Vernachlässigung, psychische und körperliche Misshandlung oder sexuellen
Missbrauch.
Der Träger der Einrichtung hat dabei sicherzustellen, dass die
pädagogischen Fachkräfte den Schutzauftrag in entsprechender Weise wahrnehmen
und bei der Abschätzung des Gefährdungsrisikos andere Fachkräfte
miteinbeziehen.
Sofern der Einrichtung gewichtige
Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes bekannt werden, sind –
soweit der wirksame Schutz nicht in Frage gestellt wird – die
Personensorgeberechtigten und das Kind bei der Gefährdungsabschätzung
miteinzubeziehen.
Insbesondere besteht die
Verpflichtung, dass die pädagogischen Fachkräfte bei den Personensorgeberechtigten
oder Erziehungsberechtigten auf die Inanspruchnahme von Hilfen hinwirken, wenn
sie diese für erforderlich halten.
Gleichzeitig
besteht eine Informationspflicht gegenüber dem Jugendamt, falls angenommene
Hilfen nicht ausreichend erscheinen, um die festgestellte Gefährdung
abzuwenden.
SEXUALPÄDAGOGISCHES KONZEPT
Psychosexuelle Entwicklung von
Kindern
Kinder sind neugierig auf diese Welt
und sich selbst. Körperlichkeit und Sexualität sind für ihre
Identitätsentwicklung von großer Bedeutung.
Von Geburt an spielt der Körper eine
wichtige Rolle. Kinder kommen auf die Welt und fühlen zunächst körperlich. Die
ersten „Welt-Erfahrungen“ beginnen mit dem Körper.
Es ist heute unbestritten, dass der
Körper bei der Ich-Entwicklung der Kinder eine bedeutende Rolle spielt. Der
Körper mit seinen Bewegungen und Empfindungen ist der erste Bezugspunkt des
Säuglings.
Von Beginn an sucht der Säugling die
Nähe zu anderen Menschen, die ihm vertraut werden. Mit ihren Augen, ihren
Ohren, mit dem Mund und über die Haut nehmen sie Beziehung zu den Menschen in
ihrer Umgebung auf und gehen intensive Bindungen ein.
Sie genießen es, gehalten,
gestreichelt und liebkost zu werden und empfinden dabei körperliches und
seelisches Wohlbefinden.
In der Welt des Säuglings sind
Hautberührungen zentral. Die Bedürfnisse nach körperlicher Nähe, seelischer
Sicherheit und sozialem Austausch sind untrennbar miteinander verbunden.
Dieser frühe Austausch von
Berührungen hat weitreichende Auswirkungen für das spätere Leben.
Er vermittelt und stärkt das Gefühl
von Vertrauen, sowie Gefühle von Gemeinschaft und Sicherheit. Durch Berührungen
und Hautkontakt können sich Kinder entfalten und wachsen.
Jedoch ist der Umgang mit Berührungen
von kulturellen, religiösen, sozialen und familiären Vorstellungen abhängig.
Diese geben vor, welche Formen der Berührungen anerkannt und gefördert bzw.
tabuisiert werden.
Im Allgemeinen werden körperliche
Berührungen häufig dann unterbunden, wenn sie sexuell gedeutet werden.
„Unverfängliche“ Berührungen wie der Kuss auf die Wange oder Raufereien werden
akzeptiert, Selbstberührungen an den Geschlechtsteilen dagegen werden eher
kritisch betrachtet.
Beim eincremen und einseifen werden
kaum Einwände erhoben, viel häufiger aber bei Selbstberührungen durch
Streicheln und Masturbieren.
Sexualität prägt unser Leben von
Geburt an. Kinder kommen als sexuelle Wesen zur Welt. Sie suchen Kontakt, Nähe,
Wärme, Zärtlichkeit. Sie probieren aus, wie sich Umarmungen, Küsse und
Berührungen anfühlen und erleben von Erwachsenen manche Verhaltensunsicherheit
und Einschränkung.
Sexualität beginnt nicht erst
„später“, also etwa in der Zeit der Pubertät, sondern gehört als menschliches
Grundbedürfnis von Anfang an zur Entwicklung jedes Kindes. Sie ist kein
Vorrecht von Jugendlichen und Erwachsenen, sondern durchzieht das ganze Leben.
Allerdings äußert sich Sexualität je nach Alter, Reife und Entwicklungsphase in
sehr unterschiedlichen Formen. Entscheidend kommt es darauf an, die kindliche
Sexualität in ihrer Besonderheit und Eigenständigkeit zu erkennen und
wertzuschätzen.
Das Sprechen über Sexualität und
Körperlichkeit fällt heute noch vielen Eltern schwer.
In den letzten Jahrzehnten wurde eine
bejahende Einstellung zur kindlichen Sexualität erreicht.
Diese droht nun wieder verloren zu
gehen, weil sehr viele Eltern Angst vor sexuellen Übergriffen durch Erwachsene
oder ältere Kinder haben. Verständlicherweise soll diese Gefahr auf jeden Fall
vom eigenen Kind abgewehrt werden.
Sexualität ist nicht nur
Geschlechtsverkehr, sondern umfasst körperliche, biologische, psychosoziale
und emotionale Aspekte und kann als wichtige Lebensäußerung angesehen werden.
Sexualität zeigt sich in allen
Lebensphasen. Sie ist eine Lebensenergie, die sich im Körper entwickelt und
lebenslang -von der Kindheit bis zum Alter- wirksam ist. Es gibt vielfältige
Ausdrucksweisen von Sexualität: Zärtlichkeit, Sinnlichkeit, Lust, Geborgenheit,
Leidenschaft, Erotik, aber auch das Bedürfnis nach Fürsorge und Liebe.
Dieser breiten Sicht auf Sexualität
steht das Denken vieler Menschen entgegen, dass nur Handlungen, die mit den
Genitalien zu tun haben, zur Sexualität gehören.
Sexualität von Kindern
Schon Säuglinge leben Sexualität. Die
vielfältigen Ausdrucksmöglichkeiten zeigen sich in der Saug- und Berührungslust
von Säuglingen, wozu auch das berühren der Geschlechtsteile gehört.
Der
Hautkontakt, das Schmusen und Küssen, sowie die sinnlichen Aspekte Riechen,
Schmecken, Sehen, Fühlen sind Bestandteile kindlicher sexueller
Ausdrucksformen.
Später gehört die Schwärmerei für die
Eltern, die Erzieherin/den Erzieher genauso dazu wie das geschützte
Einschlafen und Ankuscheln. Bei Kindern liegen diese Ausdrucksformen noch eng
beieinander. Kinder lieben ganzheitlich und ganzkörperlich.
Kindliche Sexualität darf keinesfalls mit Erwachsenensexualität
gleichgesetzt werden.
Kinder leben ihre Sexualität
egozentrisch, auf sich selbst bezogen. Ihr Interesse gilt dem Ausprobieren und
Kennenlernen ihres Körpers. Diese kindliche Neugier macht auch vor Sexualität
nicht Halt. So wird z.B. ausprobiert, wie sich Zungenküsse anfühlen.
Kinder nehmen ihre eigene
Geschlechteridentität wahr und sind neugierig auf den Körper des jeweils anderen
Geschlechts.
Bei Kindern gibt es keine Trennung
von Zärtlichkeit, Schmusen und dem Berühren der Genitalien.
Gesellschaftliche Sexualnormen,
Moral, Schamgefühl und Grenzen sind nicht angeboren und müssen erst noch
gelernt werden.
Der Begriff "Sinnlichkeit"
charakterisiert die kindliche Sexualität in ihrer Ganzheitlichkeit recht
treffend:
Dies bedeutet, dass viele Formen der
kindlichen Sexualität Erwachsenen gar nicht auffallen, weil sie nicht wissen,
dass es sich um Sexualität handelt. Wenn sich ein Fünfjähriger jeden Abend,
bevor er den Schlafanzug anzieht, noch einmal nackt auf das Daunenbett fallen
lässt, ahnen seine Eltern in der Regel nicht, dass ihm der kühle, weiche Stoff
des Bettzeugs schöne sexuelle Gefühle macht. Und die Eltern einer Vierjährigen
kommen wahrscheinlich nicht darauf, dass sie sich gerne von anderen Kindern
kämmen lässt, weil es dann am Rücken kribbelt und der ganze Körper so schöne
Schauer kriegt.
Kinder zeigen Interesse an den
Genitalien, sind neugierig, aber sie haben kein Interesse an genitaler
Sexualität. Diese entsteht erst durch die Veränderung des Hormonspiegels in der
Pubertät.
Dies ist ein entscheidender
Unterschied zur Erwachsenensexualität.
Heißes Eisen: Doktorspiele
Im Alter zwischen 3-6 Jahren gehören
Doktorspiele zur normalen Ausdrucksform kindlicher Sexualentwicklung.
Durch Doktorspiele erfahren Kinder
sich selbst und auch andere körperlich. Diese sexuellen Erfahrungen sind
wichtig und wertvoll und tragen zu einer positiven Gesamtentwicklung des Kindes
bei.
Die Erzieherinnen unseres
Kindergartens besprechen mit den Kindern die Regeln der Doktorspiele. Es ist
wichtig, dass dieses Thema mit den Kindern altersgemäß angesprochen wird und
auch Grenzen und Verhaltensregeln für alle verbindlich in der Kindergruppe
besprochen werden.
Regeln für Doktorspiele:
- Kinder haben das Recht sich mit
Freunden zurückzuziehen.- Alle Kinder spielen freiwillig mit. Kinder dürfen andere Kinder nicht zu einem Spiel überreden, zwingen oder erpressen.
- Doktorspiele finden nur zwischen Kindern gleichen Entwicklungsstandes statt. Ältere Kinder dürfen nicht mitspielen (maximal 2 Jahre Altersunterschied).
- Das Spiel muss gleichberechtigt sein. Keiner ordnet sich dem Anderen unter.
- Kein Kind darf einem anderen Kind wehtun.
- Kein Kind fasst andere Kinder im Intimbereich an. Deshalb möchten wir, dass bei Doktor- oder Wasserspielen die Unterhose nicht ausgezogen wird.
- Es werden keine Gegenstände in Körperöffnungen eingeführt.
- Nein ist nein! Meine Grenzen und die Grenzen anderer Kinder müssen beachtet werden.
- Hilfe holen ist kein Petzen. Wenn sich ein Kind im Verlauf eines Spiels unwohl fühlt, darf es jederzeit Schutz oder Hilfe von einer Erzieherin einfordern.
- Wenn ein Kind nicht mehr mitspielen möchte, ist das Spiel beendet.
Ganzheitliche Sexualpädagogik in der Kita
Der Orientierungsplan für Bildung und
Erziehung in Baden-Württemberg stellt im Bildungs- und Entwicklungsfeld
„Körper“ ganz konkrete Anforderungen an die pädagogischen Fachkräfte in den
Kitas:
„…Eine vielseitige Förderung und
Unterstützung der Kinder bei der Entdeckung ihrer unzähligen körperlichen
Ausdrucksmöglichkeiten ist wichtig für die ganzheitliche Entwicklung des
Kindes.“
Später wird dies bei den geforderten
Zielen konkretisiert:
„Kinder entfalten ein positives
Körper- und Selbstkonzept als Grundlage für die gesamte Entwicklung.“
„Kinder entdecken ihre Sexualität und
die Geschlechterunterschiede und erleben Behutsamkeit, Respekt und
Gleichwertigkeit im sozialen Miteinander von Jungen und Mädchen.“
Das europäische Regionalbüro der
Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat gemeinsam mit der Bundeszentrale für
gesundheitliche Aufklärung (BZgA) „Standards für die Sexualaufklärung in
Europa“ veröffentlicht.
Darin werden Sexualaufklärung und
sexuelle Bildung als Bestandteil der allgemeinen Bildung mit dem Ziel gesehen,
die Entwicklung der kindlichen Persönlichkeit zu fördern.
Zugleich soll Sexualaufklärung
ermöglichen, negative Folgen von Sexualität zu vermeiden. Kinder, die
Geschlechtsorgane benennen können und wissen, dass es in Ordnung ist, über
sexuelle Themen zu sprechen, die ihre Grenzen kennen und die Einhaltung dieser
einfordern, werden deutlich seltener Opfer von sexuellen Übergriffen oder
sexuellem Missbrauch. Kinder brauchen Informationen und konkrete Erklärungen,
um falsches Verhalten erkennen und benennen zu können.
Sexualerziehung und Sexualaufklärung sind
also Präventionsmaßnahmen vor sexuellen Missbrauch und schützen somit Ihr Kind.
Die Standards gehen davon aus, dass
die psychosexuelle Entwicklung des Kindes mit der Geburt beginnt. Es wird
ausdrücklich empfohlen, Sexualaufklärung und sexuelle Bildung bereits in den
ersten Lebensjahren vorzusehen. Dabei soll es nicht nur um die reine
Vermittlung von Fakten gehen. Ebenso wichtig soll sein, die Entwicklung der
kindlichen Sinnes- und Körperwahrnehmung und des Körperbildes zu fördern und
das Kind zu befähigen, sich verantwortlich für sich selbst und anderen
gegenüber zu verhalten.
Ziel soll es sein, das natürliche
Lernen der Kinder durch aktives informieren zu ergänzen, um auf diese Weise das
Thema zu normalisieren. Die Fragen der Kinder werden in altersgerechter Form
beantwortet und es wird ihnen vermittelt, dass sexuelle Themen positiv sein
können.
Das Kind kann auf diese Weise eine
positive Einstellung zu seinem Körper entwickeln und entsprechende
Kommunikationsfähigkeiten erlernen wie z. B. die richtige Benennung der
Körperteile.
Gleichzeitig wird dem Kind vermittelt
dass es individuelle Grenzen und soziale Regeln gibt, die einzuhalten sind z.B.
„Du darfst nicht jeden einfach anfassen."
Noch wichtiger ist allerdings, dass
das Kind lernt, eigene Grenzen zu erkennen und zu benennen z.B. „Du darfst nein
sagen.“ „Du darfst um Hilfe bitten.“
Die pädagogischen Fachkräfte unserer
Kita haben durch ihre Ausbildung, externe und interne Fortbildungen und durch
Fachliteratur ein umfassendes Wissen über die psychosexuelle Entwicklung von
Kindern, die Anforderungen an die pädagogische Fachkraft in Bezug auf
Sexualaufklärung und Sexualerziehung. Das Wissen der ErzieherInnen bezieht sich
auf aktuelle, wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse.
Wir befürworten eine
sexualitätsbejahende und körperfreundliche Erziehung und legen großen Wert auf
den individuellen Schutz jedes einzelnen Kindes.
Das Wissen um die eigene
Körperlichkeit macht Menschen stark, sich bei sexuellen Grenzverletzungen nicht
alles gefallen zu lassen und sich angemessen zur Wehr zu setzen.
Jede Erzieherin hat an einer
Kinderschutz-Fortbildung durch die Beratungsstelle für Kinderschutz
teilgenommen und ist über die gesetzlichen Regelungen, so wie der konkreten
Umsetzung in der Praxis geschult. Ein internes Kinderschutzmanagement wurde mit
dem Kindergartenteam und dem Träger erarbeitet.
Wie sieht Prävention aus:
- Selbstvertrauen fördern
- Kindern Mitspracherecht einräumen
- Vorbild sein und selbst Grenzen
setzen bzw. die Grenzen anderer achten
- Kinder haben gleiche Möglichkeiten
bei unterschiedlichem Geschlecht
- Gefühle der Kinder wahrnehmen und verbalisieren
- Grenzen der Kinder achten
- Auf kindliche Fragen eingehen
- Körperteile mit den richtigen
Begriffen bezeichnen
Eine sexualpädagogische Haltung ist
notwendig, denn auch durch nicht reagieren üben wir Einfluss aus.
Sexualerziehung ist ein Teil der
Erziehungsarbeit. Kinder bekommen Antworten auf ihre Fragen und finden bei uns
Gesprächspartner und Zuhörer, mit denen sie alle Themen besprechen können, die
sie beschäftigen.
Wir sind der Auffassung, dass das
Sprechen über Sexualität zunächst ein Thema zwischen Eltern und Kind ist.
Manchmal erhalten Kinder zuhause keine zufriedenstellenden Antworten oder die
Fragestellung wird erst während der Betreuungszeit im Kindergarten aktuell,
dann fällt die Beantwortung dieser Fragen in unseren Zuständigkeitsbereich und
wir werden familienergänzend tätig.
Sollte Ihr Kind sich sehr intensiv
für sexuelle Themen interessieren, werden Sie auf jeden Fall vom pädagogischen
Personal darüber informiert.
Finden Kinder keine Antworten auf
ihre Fragen, greifen sie auf alternative Informationsquellen zurück wie z.B.
ältere Freunde/Geschwister oder das Internet.
Hiermit verlieren Eltern völlig die
Kontrolle über den Wahrheitsgehalt der Informationen oder die Art und Weise der
Wissensvermittlung an das Kind.
In unserem Kindergarten gibt es eine
reichhaltige Auswahl an Bilderbüchern, die sich mit den Themen Körper,
Sexualität, Fortpflanzung beschäftigen. Ihre BezugserzieherIn berät Sie gerne,
um das für Ihre Familie passende Buch zu finden.
Auch haben wir Fachliteratur zum
Thema kindliche Sexualität und Schutz vor sexuellem Missbrauch. Gerne leihen
wir Bilderbücher und/oder Fachbücher an Sie aus. Sprechen Sie uns einfach
darauf an.
Mit der Erstellung des
sexualpädagogischen Konzepts wird die Definition der Begrifflichkeit „kindliche
Sexualität“ und die Haltung der pädagogischen Fachkräfte für Sie als Eltern
transparent und überprüfbar.
Aufgrund der vielen unterschiedlichen
Nationalitäten, Religionen und Lebensentwürfen der Familien unserer
Kindergartenkinder, wissen wir, dass dieses Thema höchst kontrovers diskutiert
wird.
Bitte sprechen Sie uns an, wenn Sie
eine andere Haltung oder Meinung zu den genannten Themen haben. Es ist uns
wichtig, dass die Kommunikation in allen Bereichen der kindlichen Entwicklung
zwischen Eltern und pädagogischen Fachkräften erhalten bleibt.
„Sexualerziehung, sexuelle Bildung
und Schutz vor sexualisierter Gewalt sind nicht nur grundlegende Bedürfnisse,
sondern gehören zu den Rechten jedes Kindes, sowohl nach der
UN-Kinderrechstskonvention als auch gemäß nationaler Gesetze.“
Kindergarten heute 8/2015, S. 14
Erstellung eines institutionellen Schutzkonzeptes
Verhaltenskodex für MitarbeiterInnen
- Bei
Dienstantritt ist an alle MitarbeiterInnen der institutionelle Verhaltenskodex
/Dienstanweisung zum grenzachtenden Umgang auszuhändigen. Der Empfang und die Einhaltung des Verhaltenskodex ist zu
quittieren.
- In Fällen einer distanzlosen
Umgangsweise von KollegInnen mit Kindern ist die Einrichtungsleitung zu
informieren (z.B. bei einem zu intimen bzw. sexuell getönten Körperkontakt und
verbalen Grenzverletzungen).
- Erscheint die Information der
Kita-Leitung aus fachlichen oder persönlichen Gründen nicht sinnvoll, so müssen
die Beobachtungen dem nächsthöheren Vorgesetzten oder externen Ansprechpersonen
der Einrichtung gemeldet werden (externes Beschwerdemanagement).
- MitarbeiterInnen haben das Recht,
sich im Falle einer Vermutung sexueller Übergriffe oder sexuellen Missbrauchs
in der eigenen Einrichtung an eine externe Fachberatungsstelle zu wenden und
sich beraten zu lassen.
- Körperkontakt zu Kindern ist mit
angemessener professioneller Distanz zu gestalten.
- In Fällen von grenzverletzendem
fachlichem Fehlverhalten ist in jedem Fall eine Abmahnung mündlich und
schriftlich auszusprechen.
- Die Übernahme von privaten
Babysitterdiensten ist sowohl hauptamtlichen MitarbeiterInnen als auch
PraktikantInnen grundsätzlich untersagt/offenzulegen (Absprache mit dem
Träger).
- Die pädagogischen Fachkräfte sind für
den Schutz von Kindern verantwortlich und greifen aktiv ein, wenn die
persönlichen Grenzen eines Kindes durch sexuelle Übergriffe verletzt werden.
- Pädagogische Fachkräfte informieren
bei sexuellen Übergriffen durch Kinder sofort die Einrichtungsleitung, diese wiederum informiert den Träger, um das weitere Vorgehen abzusprechen.
Ebenso wird der Elternbeirat informiert.
- Bei sexuellen Übergriffen durch
Kinder und bei sexuellen Grenzverletzungen/Übergriffen durch MitarbeiterInnen
werden im Sinne der Erziehungspartnerschaft die Mütter und Väter der
beteiligten Mädchen und Jungen informiert.
- MitarbeiterInnen fotografieren
Mädchen und Jungen nur mit Einwilligung der Sorgeberechtigten zum Zwecke der
Bildungsdokumentation. Kinder werden niemals auf eine bloßstellende Art und
Weise fotografiert oder gefilmt.
- Alle MitarbeiterInnen achten im
Kontakt mit Kindern auf einen angemessenen Umgang mit Nähe und Distanz.
- Alle Kinder werden von den
Fachkräften mit ihrem Vornamen, kein Kind mit Kose- oder Spitznamen
angesprochen.
- Bei extremen
Verhaltensauffälligkeiten von Kindern ist die BezugserzieherIn in Absprache mit
der Kindergartenleitung verpflichtet, die präventive Kitafachberatung oder
Beratungsstelle für Kinderschutz hinzuzuziehen bzw. die Auffälligkeiten in der
Teamsupervision zu thematisieren.
-Pädagogische Fachkräfte sind verpflichtet,
sich bei massiven Verhaltensauffälligkeiten oder plötzlichen
Verhaltensveränderungen von einzelnen oder mehreren Kindern in Absprache mit
der Kita-Leitung bei Beratungsstellen fachliche Unterstützung zu holen. Das
Recht der Kinder und ihrer Eltern auf Datenschutz wird über eine anonymisierte
Falldarstellung gewährleistet.
- Äußerungen
von Kindern, die auf einen sexuellen Missbrauch bzw. eine Grenzverletzung hinweisen,
werden zeitnah schriftlich festgehalten mit Datum, Uhrzeit und Unterschrift.
Quellen:
„Sexualpädagogik in der Kita“
Jörg
Maywald, Herder Verlag, 2018
„Kindliche Sexualität zwischen
altersangemessenen Aktivitäten und Übergriffen“
Strohhalm e.V., Landesjugendamt Brandenburg
„Kinder entdecken ihren
Körper-Sexualentwicklung und Sexualerziehung“
Artikel aus „Unsere Kinder“ BZgA, Köln
„Orientierungsplan für Bildung und
Erziehung in baden-württembergischen
Kindergärten“, Herder Verlag,
Ministerium für Kultus, Jugend und Sport
„Rahmenkonzept zur Sexualaufklärung“
BZgA, 2005
„Trau dich“ Broschüre BZgA, 2006
„Liebevoll begleiten“, Broschüre BZgA, 2010
„Sich selbst entdecken und sinnlich
erfahren“ Sexualpädagogik in der Kita
Christa Wanzeck-Sielert, Artikel aus
Kindergarten heute, 2005, Herder Verlag
„Missbrauch durch den Erzieher einer
Kindertagesstätte“
Fallanalyse von Ursula Enders, Strohhalm e.V., 2017
„Mutig fragen-besonnen handeln“
Bundesministerium für Frauen, Senioren und Familie, 2012
„Wie können
Mädchen und Jungen vor sexuellem Missbrauch geschützt werden“, Strohhalm e.V.